Vierfachüberschreitung garniert mit Wüstungen, einer Ruine und einem Aussichtsturm
Tour solo, T1, 20,57 km, 639 hm, 7 1/2 h, Ausgangspunkt Neukirchen zu St. Christoph (NEW)
Auf dem Entenbühl war ich ja schon, damals noch mit Coco, und auch die Herrschaften waren in der Nähe. Allerdings fehlte mir noch der Schellenberg mit seiner Burgruine und es hätte ja sein können, dass auch der eine oder andere Hügel jenseits der Grenze interessant wäre. Dann las ich im April von der Einweihung des neu sanierten Aussichtsturms auf dem Havran und die Runde nahm konkrete Formen an. Eigentlich wollte ich sie schon sechs Tage früher gehen, aber da kam eine Veranstaltungsabsage dazwischen. Der Stammtisch in Fuchsmühl fand aber statt, das Wetter passte und ich traf kurz vor elf Uhr in Neukirchen zu St. Christoph bei Georgenberg ein.
Von der Kirche aus ging ich zunächst den Berg hinunter Richtung Schwanhof und Waidhaus und bog am Friedhof links ab, immer der Beschilderung des Radfernwegs folgend. Es wäre möglich gewesen, über Weg 6 zum Grenzsteig zu kommen, aber ich hatte noch ein paar Kilometer vor mir. So erreichte ich über die Fahrstraße Vorderwaldheim, den tiefsten Punkt der Runde und Grenzübergang nach Tschechien. Früher war Waldheim viel größer und setzte sich auf der böhmischen Seite fort, davon sind aber seit dem Eisernen Vorhang nur ein paar Ruinen übriggeblieben. Das Wirtshaus steht noch, bildet aber jetzt nicht mehr wie früher die Grenze, als man sagte, die Theke wäre halb bayerisch und halb tschechisch gewesen und hätte dementsprechend auch Bier aus beiden Ländern ausgeschenkt. Nach dem Grenzübergang geht es einen Kilometer leicht steigend auf einem Schotterweg dahin, bis dieser im ehemaligen Hinterwaldheim / Zadní Zahájí auf eine Teerstraße trifft, auf dem gleich einmal ein Kleinwagen ziemlich flott vorbeibrauste. Dies sollte sich in der nächsten Stunde noch ein paar Mal mit etwas größeren Autos wiederholen, und zwar in beiden Richtungen. Mein Weg führte mich nach links, weiter etwas ansteigend, vorbei an einem offenen Kuhstall und daran anliegenden Weiden zum Abzweig Pod Červeným Vrchem. Es ist möglich, an einer unbeschilderten Weggabelung vorher abzukürzen, indem man der linken Straße folgt, aber ich blieb auf dem markierten Weg. Am Abzweig ist das Schild für Wanderer etwas versteckt auf der rechten Seite, dafür ist mitten auf der Straße „Havran“ mit einem Richtungspfeil aufgepinselt. Später finden sich diese Markierungen immer wieder, wenn auch nur mit dem abgekürzten „H“. Ab jetzt geht es zur Abwechslung sanft bergab und es finden sich immer wieder Infotafeln zu Naturschutzthemen und der Geschichte des Gebiets am Wegesrand und kurz nach einem weiteren Weidestall steht auf der linken Seite ein Tisch mit zwei Gedenksteinen und einem Marterl, der die Wüstung Altenpocher / Stoupa und die frühere Gemeinde Böhmischdorf / Česká Ves erläutert. Es gibt sogar ein Wüstungsbuch, in das ich mich brav eingetragen habe. Von hier aus folgte ich der linken Straße, wieder leicht ansteigend durch den Wald bis zur neuen Kreuzung U Altánku, von der aus der neue Weg fast gerade zum Havran hinauf führt. Ab hier macht es keinen Sinn mehr, der H-Markierung zu folgen, zumindest wenn man zu Fuß unterwegs ist. Der neue Weg scheint an einigen Stellen noch im Bau zu sein, ist aber zumindest nach tschechischen Standards markiert und im Untergrund einigermaßen naturbelassen. Im mittleren Teil verengt er sich sogar zu einem echten kleinen Waldpfad, eine angenehme Überraschung. Etwas später hörte und sah ich links von mir Waldarbeiten, aber auch dieser Spuk war schnell vorüber. Am Gipfel angekommen ist der Aussichtsturm erst kurz vor dem Ziel zu sehen und es sind auch noch Reste der alten Sicherungsanlagen für den früheren Militärturm vorhanden. Der neue Turm punktete bei mir zusätzlich durch die vielen Infotafeln am Fundament und auf einer der mittleren Ebenen, die die Hintergründe und Gräuel des Eisernen Vorhangs beschreiben. Die Aussicht oben ist ziemlich gut, war aber durch Wolken etwas eingeschränkt, dazu kam ein unangenehmer Wind, so dass ich mich auf fünf Minuten Aufenthalt ganz oben beschränkte und mein Gipfel-Apfelviertel im gleich daneben stehenden Hüttli zu mir nahm. Es gibt auch seit der Einweihung einen neuen Zugangsweg direkt ab der Silberhütte, dieser ist aber noch in keiner Karte eingezeichnet, weshalb ich über die Militärzufahrt zum Abzweig Pod Havranem abstieg und am Naturschutzgebiet entlang zum Grenzübergang Kreuzstein / Křížový kámen weiterging. Dort folgte ich dem Grenzsteig Richtung Waldnaabquelle bis zum Abzweig zum Entenbühlgipfel und der Kapelle, die auf dem Wegweiser angeschrieben ist. Ich hätte auch direkt Richtung Silberhütte gehen und von dort aus rechts abbiegen können, aber ich wollte den Entenbühl so wie alle anderen Gipfel des Tages überschreiten. Zehn Minuten später stand ich vor der Silberhütte und durfte nach sehr kurzer Wartezeit im Gastraum ein Weltenburger Barock-Dunkel und eine Portion Wildschweingulasch in Empfang nehmen, beides sehr empfehlenswert und in einer für eine Berghütte / Touristengaststätte durchaus vernünftigen Preislage. Der Biergarten auf der Westseite der Hütte war leider aufgrund des Windes und der für August doch niedrigen Temperaturen geschlossen, aber was solls. Gut gestärkt machte ich mich auf den Weg zurück zum Kreuzstein, wo ich nicht wusste, dass ich locker zwei Kilometer lang dem Grenzsteig nach Süden hätte folgen können statt die gesamte Strecke auf der Forststraße zu gehen, die den Radweg und die Langlaufloipe bildet. Diese Möglichkeit entdeckte ich erst, als auf einmal der Goldsteig-Zugangspfad und der Nurtschweg beziehungsweise deren Markierungen von links aus dem Wald herauskamen. Naja, was solls, ein paar Fotos weniger. An einer Forststraßenkreuzung geht es geradeaus weiter auf einen Waldweg, der hinauf zum Schellenberg führt. Auf dem Weg dorthin steht mitten auf dem Pfad der Brotfelsen, eine zehn Meter hohe Granitformation, die wohl nicht unter dem IV. Grad erkletterbar ist, aber ein Gipfelkreuz trägt. Leider ist das Foto total unscharf geworden und hat es nicht einmal auf meine Festplatte geschafft. 200 Meter weiter kommt zunächst eine kleine Lichtung, die Burgwiese, und dann im Wald die Gipfelformation des Schellenbergs, die eine Burgruine trägt. Diese beherbergt zwar einen kleinen hölzernen Aussichtsturm, der aber ebenso wie die Brücke, welche die fünf Meter breite Felsspalte zwischen den Burgteilen überquert, wegen Baufälligkeit und Einsturzgefahr gesperrt ist. Mal sehen, wann die Gemeinde Georgenberg sich an eine Sanierung macht. Überhaupt nimmt es diese Gemeinde mit der Wahrheit nicht immer so genau, preist sie doch den Schellenberg mit seinen 826 Metern über NN als den höchsten Punkt im Landkreis Neustadt an, wo diese Ehre definitiv dem Entenbühl zusteht. Selbst wenn man argumentiert, dass dieser auf der Grenze zum Landkreis Tirschenreuth liegt, gibt es noch mindestens einen Buckel kurz hinter dem Kreuzstein, der eindeutig im Landkreis Neustadt liegt und gut 40 Meter höher ist. Zurück auf dem Waldboden setzte ich meinen Weg nach Süden fort, überquerte eine Forststraße und kam nach etwa 700 Metern an der Tafelbuche, einer großen Kreuzung mit vielen, sich teilweise widersprechenden Wegweisern heraus. Mein nächstes Zwischenziel hieß Gehenhammer, wohin netterweise auch der Nurtschweg führt, also ging ich knapp 1,5 Kilometer auf einer Forststraße, bevor der Wanderweg nach einer Rechtskurve rechts in den Wald abbiegt und nach 200 Metern in eine Wiese übergeht. Von hier aus sieht man bereits Gehenhammer und den dahinterliegenden Troidelberg, aber wohl nicht immer einen klaren Pfad. Um dieses Problem zu beheben, wurde das Symbol für den Nurtschweg überdimensional an einen auf der gegenüberliegenden Wiesenseite stehenden Hochsitz gemalt, für die Gegenrichtung wurde am Waldrand ein ähnlich großes Holzplakat aufgestellt. Im Ort angekommen zweigt der markierte Weg nach rechts durch den Bauernhof zur Mühle mit Einkehrmöglichkeit ab, allerdings ist diese nur Mittwochs und am Wochenende geöffnet. An den anderen Wochentagen kann man geradeaus über den Fahrweg abkürzen, der direkt zum Pfad auf den Troidelberg führt. Während ich die Hofkapelle fotografierte, kamen die beiden Hofhunde herangelaufen, bellten mich etwas an und waren ganz überrascht, dass ich keine Angst vor ihnen hatte. Sie ließen sich auch streicheln, nahmen aber ständig eine geduckte Haltung ein, die verlauten ließ, dass ich ihnen doch bitte nicht weh tun solle. Erst nach ein paar Sekunden sanfter Zuwendung entspannten sie sich in eine normale Körperhaltung. Eigentlich sind diese armen Geschöpfe ein Fall für den Tierschutz. Ich ging weiter hinauf zum Troidelberg, der auf einem ziemlich schnurgeraden Pfad überschritten wird. Etwas rechts vom Pfad sind an der höchsten Stelle zwei Felsbrocken, die wohl ähnlich dem Entenbühl den eigentlichen Gipfel darstellen, aber nur in liegender Haltung erobert werden können, weil die Äste der daneben wachsenden Fichten sehr tief hängen. Von diesem Punkt aus geht es weiter fast schnurgerade nach unten, natürlich in sanftem Gefälle, der Troidelberg ist ja nicht im Karwendel. Bald verlässt der Pfad den Wald und mündet in eine Asphaltstraße, die am Fußballplatz vorbei zurück nach Neukirchen und zum Parkplatz an der Kirche führt, wo ich kurz vor halb sieben mein Auto erreichte. Am Waldende ist verwirrenderweise noch ein Holztäfelchen angebracht, welches den Troidelberg östlich verortet. Es geht aber dort nirgends in den Wald hinein, lediglich am Ende der Straße ist ein künstlich aufgeschütteter Bunker und eine Kapelle, die aber gefühlt niedriger liegen als der beschriebene Gipfelfelsen.
Während der gesamten Tour war ich trocken geblieben, was sich dann in Fuchsmühl änderte, weil sich dort genau zu meiner Ankunft ein mittelheftiges Gewitter entlud.
Die Kategorisierung dieser Tour ist nicht ganz so einfach. Einerseits sind Ausgangspunkt, höchster natürlicher Punkt und Einkehr auf der bayerischen Seite der Grenze. Dafür befindet sich der Aussichtsturm, dessen Plattform 18 Meter höher ist als der Entenbühl, ebenso wie die Wüstungen auf tschechischem Gebiet. Der Streckenanteil ist ziemlich ausgeglichen. Deshalb wird diese Tour ausnahmsweise in beiden Kategorien „Mittelgebirge Bayern“ und „Tschechien“ geführt. Die Schwierigkeit T1 bezieht sich auf die gesamte Strecke außer den Felsen am Schellenberg. Diese würde ich als T3 oder I einstufen, man kann aber auf den Aufstieg zur Ruine verzichten, wobei an den schwierigsten Stellen Metallstifte und felsseitige Haltegeländer angebracht sind.
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