Von der bayerischen Seite auf den Poledník
Tour solo, T3, 27,62 km, 919 hm, 9 1/2 h, Ausgangspunkt Spiegelhütte (REG)
Der Poledník gehört ja zu den Zielen, die es verdient haben, jedes Jahr besucht zu werden. Das liegt auch daran, dass er mehrere relativ anspruchsvolle und interessante Zugangs- oder Aufstiegsrouten hat. Eine davon ist die Runde von Spiegelhütte aus. Da noch im vergangenen Jahr sowohl der Grenzübergang durch das Hirschgespreng als auch der Abstieg nach Frantův most nur in der kurzen Zeit von 15. Juli bis 30. September zugänglich waren, drängte die Zeit etwas und ich nutzte den letzten Sommertag für diese Runde.
Aufgrund der Länge der Tour und den im Internet nachgeschauten Öffnungszeiten des Waldgasthauses Scheuereck stand ich früher auf als sonst und startete bereits kurz nach neun Uhr in Spiegelhütte. Der Parkplatz ist nicht ganz da, wo er auf diversen Karten eingezeichnet ist, sondern etwas oberhalb am Waldrand, was aber nicht wirklich problematisch war. Ich durchquerte zunächst das Dorf und folgte dann dem markierten Weg Richtung Buchenau. An der ersten Kreuzung gibt es noch einen Wegweiser nach Jungmaierhütte, an der zweiten beginnen dann schon die Kuriositäten. Deshalb verließ ich mich ab diesem Zeitpunkt ausschließlich auf Kartenausdruck und Garmin und ging auf dem als Radweg markierten Forstweg weiter, der die Südhänge der Schachtenberge quert. Nach knapp drei Kilometern wäre es zwar möglich gewesen, auf einen weiter oben parallel verlaufenden Waldpfad zu wechseln, ich verzichtete aber aufgrund der sowieso schon stattlichen Länge der Tour auf diese Verlängerung. Eine halbe Stunde später erreichte ich eine Kreuzung, an der endlich wieder andere Ziele als Buchenau auf den Wegweisern zu finden waren und verließ die vorgeplante Route, um auf dem markierten Waldpfad zum Lindbergschachten zu gehen statt auf dem Radweg zu bleiben und später einen laut Bayernatlas unmarkierten Pfad aufzusteigen. Die Wegersparnis war nicht gravierend, aber willkommen. Den Lindbergschachten erreichte ich in seinem unteren Bereich und machte den Abstecher zum Aussichtspunkt Rachelblick, während mir das Schutzhaus dann zu weit oben war, weil ich anschließend wieder unten weiter nach Osten gehen wollte. Es hätte zwar vom Schutzhaus aus einen unmarkierten Pfad hinüber zum Hirschgespreng gegeben, der aber die Runde noch einmal kräftig verlängert hätte. So rastete ich gleich unterhalb des Rachelblicks und ärgerte mich dann ein kleines bisserl, dass ich nicht den Schatten des wunderschönen Bergahorns gleich oberhalb der Abzweigung gewählt hatte. Ganz nebenbei bemerkt, hätte ich mir den Abstecher ganz sparen können, weil ich später noch mehrere gleich schöne Aussichtspunkte zum Rachel hatte. Bei anderen Runden über den Lindbergschachten hingegen ist dieser Aussichtspunkt durchaus die eine oder andere Minute Pause wert. Es folgte der schönste und auch anspruchsvollste Teil der Tour, der Gruftsteig. Dieser hat seinen Namen vom Gruftbach, der das Tal zwischen Enzianriegel und Distelruck herunterkommt und quert die sehr steilen Südhänge der beiden genannten Berge. Hier sollte man besser nicht ausrutschen oder stolpern, weil es rechts doch bis zu 100 Höhenmeter im steilen Wald hinuntergeht. Ich kann jedoch absolut nachvollziehen, dass man den Gruftsteig in den Goldsteig mit einbezogen hat. Nach einer halben Stunde mündet der Gruftsteig in eine Forststraße, die wohl von der Trinkwassertalsperre heraufkommt und biegt 100 Meter später rechts ab zum Zwieselter Filz. Hier erlebte ich den ersten Teil der positiven Überraschung: Der Weg über die Grenze war auf ganz neuen Schildern als bis 15. November zugänglich deklariert. Dies wiederholte sich dann noch zwei Mal oben am Poledník, bezogen auf die Straße nach Javoří pila und den Abstieg nach Frantův most. Es scheint so, als ob der neue tschechische Nationalparkdirektor Pavel Hubený nicht nur mehr Miteinander statt Nebeneinander in Richtung bayerischem Nationalpark redet, sondern dieses Miteinander auch tatsächlich umsetzt. Witzig war hingegen der Warnhinweis, dass es sich um einen hochanspruchsvollen Steig handle, der nur für gute Wanderer mit festem Schuhwerk geeignet wäre. Ich persönlich fand den Gruftsteig um einiges schwieriger, aber vielleicht will man auf diese Art und Weise die Zahl der Grenzgänger etwas eindämmen. Denn in der Realität ist auch der Pfad durch das Hirschgespreng von der Forststraße auf der bayerischen zur Fahrstraße auf der tschechischen Seite nicht einmal T2-. Den Grenzbach an dieser Stelle habe ich übrigens auch schon vor einer Woche überquert, es ist nämlich der Hirschbach (tschechisch Jelení potok), der von Nordosten her in den Trinkwasserspeicher Frauenau mündet. Im weiteren Verlauf waren deshalb an mehreren Stellen Hinweisschilder zu sehen, die darauf aufmerksam machten, dass die südwestlichen Hänge des Poledníkrückens Einzugsgebiet des Stausees und deshalb Wasserschutzgebiet sind. Südlich des Grenzübergangs gibt es übrigens keinen Grenzsteig beziehungsweise ist dieser ganzjährig gesperrt, wobei man in den Moorgebieten des Zwieselter Filzes und Latschenfilzes sowieso kaum durchkommt. Es folgten etwas mehr als zwei Kilometer auf Asphalt bis zum Gipfel mit seinem markanten Aussichtsturm. In Anbetracht der geplanten Einkehr im Scheuereck und der nur unwesentlich besseren Sichtverhältnisse als im Vorjahr sparte ich mir sowohl die 30 Kronen für den Turm als auch den Gang zum Kiosk, sondern machte nur vom nordwestlichen Geländer der Terrasse aus ein paar Fotos und mampfte mein zweites Wurstbrot. Das Feuer war aus, weil es doch über 20 Grad hatte. Anschließend folgte ich bis Frantův most ziemlich genau dem gleichen Weg wie letztes Jahr, also durch den Windwurfpfad, mit Abstecher zur Quelle und ohne Abstecher zur Wüstung. Immerhin fielen mir andere Fotomotive auf, so dass kein Loch zwischen Gipfel und dem Weiterweg nach Gsenget besteht. Unten an der Furt gönnte ich meinen Füßen ein paar Minuten Abkühlung im Prášilský potok und ging dann nicht nach Osten, sondern nach Westen weiter. Nach 200 Metern biegt der Weg nach Norden ab und führt einen relativ steilen Hang hinauf, an dessen oberem Ende ich in der Wüstung Gsenget ankam. Dieses frühere Bauerndorf wurde hauptsächlich von den Militärs im ehemaligen Truppenübungsplatz kaputtgeschossen. Oben an der Kreuzung mit dem Hauptwanderweg von Prášily nach Scheuereck erinnert eine zweisprachige Holztafel an die Entstehung des Ortes. Zur Grenze geht es wieder etwas bergab, am Wegrand erinnern immer wieder Reste von Trockensteinmauern an die frühere landwirtschaftliche Nutzung. Am Grenzübergang selbst hielt ich erst einmal erfolgreich Ausschau nach dem Zugang zum Grenzsteig hinauf zum Lackenberg, der später im September noch im Rahmen meines Prášily-Ausflugs fällig ist. Auf dem Bankerl auf der bayerischen Seite saß ein junger Tscheche, der mit dem Mountainbike heraufgekommen war und nicht nur noch zum Trinkwasserspeicher, sondern auch noch zurück nach Sušice wollte. Es dauerte ein paar Minuten, bis ich ihm klargemacht hatte, dass es für diese Pläne viel zu spät war und er besser direkt nach Hause fahren sollte. Für mich ging es danach weiter auf der Forststraße nach Westen, zunächst leicht ansteigend durch den Langfilz, wobei der Blick nach Nordosten vom Ždánidla dominiert wird. Von dieser Seite sieht der Berg richtig interessant aus, mal sehen, ob es zulässig ist, ihn im Rahmen der Lackenbergtour mitzunehmen. Knapp vor der letzten Kuppe kreuzt noch einmal der Goldsteig, kurz darauf geht der Wegbelag in Asphalt über. Es gibt zwar noch eine nette Möglichkeit, den Abstieg interessanter zu gestalten, aber nach fast 23 Kilometern hatte ich dazu keine Lust mehr. Also packte ich die Stöcke ein und lief die doch recht langweiligen drei Kilometer hinunter nach Scheuereck, wo ich noch eine unliebsame Überraschung erlebte: Montag und Dienstag geschlossen. Also wurde es nix mit der geplanten Einkehr und ich ging auf dem kürzesten, nicht unbedingt schönsten Weg zurück nach Spiegelhütte. Dort ging ich erst zum Auto und fuhr dann die paar Meter zum Forsthaus, in dem ich einkehren konnte und zum Weltenburger Dunkel eine exzellente Tomatensuppe und eine noch bessere Portion Fleischpflanzerln mit Kohlrabigemüse bekam. Die Wirtin war auch superlieb, hatte aber irgendwie einen total falschen Eindruck von mir, weil sie so rüberkam, als ob sie es mir nicht recht machen könne. Dabei liebe ich doch die ursprüngliche bayerisch-böhmische Küche und muss nicht immer Pasta oder Filet haben…
Abschließend sei bemerkt, dass diese Runde keine ist, die man unbedingt machen muss. Das ergibt sich alleine aus ihrer Länge. Andererseits könnte ich auch nicht sagen, dass ich sie bereue. Es ist halt eine Runde, die man machen kann, aber eben nur einmal. Die schönen Ecken lassen sich alle in kürzere Touren einbinden, während vor allem die Asphaltpassagen besser umgangen werden. Ich habe auch schon Varianten im Hinterkopf (und in Basecamp). Die Schwierigkeit T3 bezieht sich auf den Gruftsteig, alles andere ist T1, der Windwurfpfad und der obere Teil des Abstiegs nach Frantův most mit gutem Willen T2. Die Gesamtzeit schließt die Einkehr mit ein, obwohl diese erst nach Beendigung der Runde erfolgt ist, also im GPS-Track nicht auftaucht.
Schlagwörter: frantuv most, gruftsteig, gsenget, hirschgespreng, langfilz, lindberg, lindbergschachten, polednik, prasily, scheuereck, spiegelhütte, wassergrabenschneid