Herbstrunde im Bayerwald mit alpiner Einlage
Tour solo, T4, 14 km, 900 hm, 6 3/4 h, Ausgangspunkt Zwieslerwaldhaus (REG)
In der letzten Woche war ich hübsch mit Erntearbeit in unserem Garten und am ehemaligen Bürogebäude meines Vaters sowie der Verarbeitung der Früchte (Äpfel, Nüsse und vor allem 20 Kilogramm Weintrauben) beschäftigt. Außerdem mussten Bäume und Sträucher zurückgeschnitten und das Schnittgut abtransportiert werden. Dies wurde bis Mittwoch erledigt, so dass ich nach einem Marmeladenkochtag am Donnerstag (Feiertag) am Freitag eine Bergtour verdient hatte. Der Feiertag kam vor allem aus dem Grund nicht in Frage, weil ich in Bad Kötzting noch ein Buch und ein paar Spezialmehlsorten mitnehmen wollte.
Intelligenterweise habe ich das alles schon auf dem Hinweg erledigt. Vom Weg her wäre es egal gewesen, weil der kürzeste Weg von Schwandorf nach Zwieslerwaldhaus auf jeden Fall durch Bad Kötzting führt und man über Viechtach und Regen auf der B 85 / B 11 auch nicht wirklich schneller ist. So konnte ich mich um 10.35 Uhr ohne jeglichen Zeitdruck auf den Weg machen.
Vom Parkplatz am Ortseingang aus überquerte ich die Straße und folgte dem Spazier- und Radweg am Dorf vorbei, bis es rechts zum Falkenstein abzweigt. Es gibt hier zwei mögliche Varianten: Über die Steinbachfälle oder den Ruckowitzschachten. Ich wählte letzteres, weil ich die Einkehr im Schutzhaus nicht zu früh auf der Tour haben wollte. Ursprünglich hatte ich noch den Gedanken, den 1335 Meter hohen Lackenberg, höchsten Punkt der Gemeinde Lindberg und Grenzgipfel zu Tschechien, mitzunehmen, war mir aber bald nicht mehr sicher, ob das möglich sei, da sich der größte Teil meiner Tour in der Kernzone des Nationalparks befand und deswegen Wegegebot herrschte. Am Ruckowitzschachten entschied ich mich gegen diesen Abstecher. Es führt zwar ein Weg hinauf, allerdings besteht der Lackenberg nur aus Totholz und ist kein wirklich lohnendes Ziel.
Noch weniger erfreulich war die Erkenntnis, dass die für den Tag vorgesehenen Akkus meiner Kamera das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben und trotz 37 Stunden im Ladegerät kaum Saft hatten. Na gut, dann wird eben etwas sparsamer fotografiert und der Fototeil des Berichts wird übersichtlicher. Nach einer guten Stunde im Wald tauchte auf einmal rechter Hand eine Hütte und wenige Meter später eine Geländekante auf. Ich trat auf eine wilde Wiese, die von einem großen Infoschild als Ruckowitzschachten definiert wurde. Der Name ist auf die Dummheit eines preußischen Landvermessers zurückzuführen, der aus dem Namen Rucka Wies = Rauhe Wiese den Ruckowitz machte. Schachten ist so ganz nebenbei der waldlerische Begriff für eine Alm, die Rucka Wies war früher der mit über 30 Hektar größte seiner Art im Zwieseler Winkel. Nach ein paar Zwetschgen und Weintrauben aus dem heute komplett vegetarischen und selbsterzeugten Proviantpack ging es weiter Richtung Süden, wo ich nach einer kurzen Waldpassage das Plateau des Ruckwiesbergs erreichte. Dieses sieht zwar genauso aus wie der Ruckowitzschachten, allerdings ist dieser Zustand eher auf Kyrill und andere Stürme zurückzuführen. Der Windwurfpfad, eine kleine Schleife von gerade mal 400 Metern, erklärt da vieles. Der Abstecher ist auch deshalb lohnend, weil man von der Nordkante einen guten Blick auf die Arberregion und das Künische Gebirge hat. 100 Meter nach dem Ende des Windwurfpfades stößt man auf den Weg vom oberen Ende des Höllbachgsprengs zum Gipfel. Hier bog ich links ab und stieg zum Höllbachgspreng hinab, was mir insgesamt etwa 200 Meter Höhenverlust einbrachte. Allerdings sind diese 200 Höhenmeter sehr lohnend, selbst wenn man sich nicht von der Kompasskarte verwirren lässt und auf dem markierten Steig bleibt. Man muss, wenn man von oben kommt, lediglich aufpassen, dass man nach der ersten Bachquerung bei der nächsten Gelegenheit wieder auf die rechte Bachseite zurückquert und nicht zur Höllbachschwelle absteigt. Hier gibt es keinen Schilderbaum und die Markierungen sind auch nicht immer klar erkennbar. Kurz nach der erneuten Querung kommt die Schlüsselstelle, ein etwa zehn Meter hoher, geschätzte 50 Grad steiler Abschwung, der aber ordentlich gestuft ist und nicht über T3 hinausgeht. Danach quert man ohne nennenswerten Höhenunterschied den Hang nach rechts, bis der markierte Pfad um einen Felsvorsprung biegt. Hier folgte ich einem rechts abbiegenden unmarkierten Pfad steil nach oben, weil ich laut Karte vor einem Sturzbach steil hinaufmusste. Was ich nicht wusste, war, dass der markierte Weg doch der Hüttensteig war und der in der Karte verzeichnete Sturzbach etwa 300 Meter weiter südwestlich herunterkam. Egal, ich war zwar die nächsten 20 Minuten illegal unterwegs und musste mich auch mit Matsch und ähnlichem herumschlagen, aber die kleine T4-Einlage mit erneut bis zu 50 Grad Hangneigung war richtig aufbauend, weil ich im Gegensatz zur Hochblassentour oder auch der gescheiterten Baumgartgeier-Überschreitung keinerlei mentalen Probleme hatte und die Kraxelei als Genuss empfand. Zurück auf dem Weg ging ich in gemütlichen 20 Minuten zum Gipfel, verlor aber unterwegs mein kleines Handtuch. Was solls, ich hab ja noch ein paar von der Sorte. Nach der Gipfelaussicht und ein paar Fotos genehmigte ich mir ein Weltenburger Barock-Dunkel und ein Wiener Schnitzel, ich bin ja schließlich keine Vegetarierin. Allerdings war das Schnitzel höchst durchschnittlich und der Kartoffelsalat noch durchschnittlicher, sollte ich wiederkommen, wird es wohl ein adeliger Unsinn. Der sah deutlich besser aus. Den Abstieg ging ich auf dem Weg an, den die meisten Besteiger des Falkensteins im Aufstieg nehmen, nämlich über den Kleinen Falkenstein und die Steinbachfälle. Vor diesem Abstieg wird bei Nässe und Schnee auf großen Schildern gewarnt, und diese Warnungen sind absolut gerechtfertigt. Die ersten 120 Höhenmeter sind zwar nur holprig, aber ab dem Kleinen Falkenstein, übrigens ein weiterer hübscher Aussichtsfelsen, aber total ungesichert (!!), wird es noch einmal richtig spannend. Bei guten Verhältnissen wie auf meiner Tour lasse ich den Abstieg als T2 mit T3-Stellen durchgehen, aber bei Nässe besteht auf den nassen Wurzeln und Felsen massive Rutschgefahr. Man stürzt zwar nirgends tief ab, aber ein gebrochener Fuß oder ein zerfetztes Kreuzband ist allemal drin. Und das muss ja wirklich nicht sein. Nach knapp einer Stunde kam ich dann zur Abzweigung, an der ich sechs Stunden zuvor geradeaus weitergegangen war und kehrte auf dem Anstiegsweg zum Auto zurück, das ich um 17.22 Uhr erreichte.
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