Von Osten auf den Ostry oder: Auch die tschechische Karte ist nicht fehlerfrei
Tour solo, T2, I, 21,21 km, 1057 hm, 8 h, Ausgangspunkt Hamry (KT)
Der zweite Tag meiner Eisensteiner Trilogie sollte die längste Tour mit den meisten Höhenmetern werden und dabei auch die Grenze zurück nach Bayern überschreiten. Nach dem Abstecher zum vielgepriesenen Wasserfall Bílá strž beim Aufstieg zum Großen Osser (tschechisch Velký Ostrý) wollte ich natürlich noch den Kleinen Osser (Malý Ostrý) mitnehmen und, um die Runde interessanter zu machen, über die Osserwiese zum Jägerhübel hinüberwandern, um dann auf dem Grenzsteig den grün in die Onlinekarte und auch die Infotafel am Start eingezeichneten Weg hinunter nach Pod Lovečnou und auf einer alternativen Runde zurück nach Hamry finden. Der erste Dämpfer war der Regen am Morgen, der jedoch bis nach dem Frühstück aufgehört hatte, so dass ich trocken beim geschlossen aussehenden Hotel Královský Dvůr in Hamry ankam und mich nach einem kleinen Vergesser und damit verbundener Rückkehr zum Auto kurz vor zehn auf den Weg machen konnte.
Das Schlechte gleich am Anfang: Bis etwa eineinhalb Kilometer unter dem Gipfel war der gesamte Aufstieg bis auf den kurzen Steig hinunter zum Wasserfall komplett auf Asphalt. Das Gute: Die tschechische Forstverwaltung hat mit viel Liebe einen Informationspfad eingerichtet, der so aussieht, dass in halbwegs regelmäßigen Abständen auf 13 Tafeln viele interessante Dinge zur Gegend an den Mann bzw. die Frau gebracht werden. Dabei ist die Talseite in tschechischer Sprache gehalten, die Bergseite mit kleineren Grammatikfehlern in deutsch. Beim Abzweig Pod statečkem verließ ich den Infopfad, um zum Wasserfall zu kommen, von dem aus ich auf der Fahrradtrasse direkt zur Kreuzung Stateček wanderte, von der aus ich weiter dem Lehrpfad folgte. Bílá strž ist bei Weitem nicht so spektakulär wie man aufgrund der Lobpreisungen auf einschlägigen tschechischen Seiten meinen könnte, aber trotzdem definitiv sehenswert. Das Gebiet steht unter Naturschutz, so dass man nicht näher als etwa 30 Meter an den Wasserfall herankommt, und die Sicht vom Besuchspunkt zum Wasserfall selbst wird durch etliche Bäume etwas behindert, aber ich finde, dass gerade dieser Unterschied zu vielen touristisch übererschlossenen Sehenswürdigkeiten den Hauptreiz dieses Ortes ausmacht. Vom Häuserl an der Kreuzung Stateček aus führt ein kleiner Pfad zu einem Aussichtspunkt, dessen Aussicht durch die doch noch vorhandenen Wolken etwas eingeschränkt war. Die auf dem Schild angegebenen 100 Meter beziehen sich auf Hin- plus Rückweg. Am Abzweig Pod Ostrým geht es endlich auf einem steinigen und etwas steileren Bergsteig weiter, der nach gut einem Kilometer ohne Vorwarnung in den Grenzsteig mündet. Hier wandte ich mich nach rechts, um den Rückweg anzuschauen, und drehte mich anschließend um, um weiterhin auf dem blau markierten Steig, der vor dem Gipfelaufbau links in die böhmische Flanke ausweicht, zum Osserschutzhaus zu steigen. Am Ende kann man entweder zum offiziellen Grenzübergang gehen und von dort den Gipfel ein erstes Mal überschreiten oder auf einem kleinen, aber ebenfalls markierten Steig direkt zur Terrasse aufsteigen. Bis hierher war ich relativ allein mit gelegentlichen Begegnungen, das Schutzhaus und die Terrasse waren hingegen sehr gut gefüllt. Es gibt halt von der deutschen Seite wesentlich kürzere Aufstiege zum Osser. Ich genehmigte mir ein Weltenburger Barock-Dunkel und eine Bockwurst mit etwas wenig Kartoffelsalat und dafür zwei Scheiben Brot, philosophierte mit einem Paar aus Deggendorf, das über den Künischen Kamm herübergekommen war, was nun der schönste Aufstieg zum Osser wäre und amüsierte mich am Ende köstlich über den Zettel, der auf allen Toiletten hängt: Bitte keine Sachen und Gegenstände in die Toilette werfen. Der junge Mann am Ausschank konnte mir auch nicht beantworten, was denn der Unterschied zwischen Sachen und Gegenständen ist, obwohl er den Zettel bestimmt schon 1000 Mal gelesen hatte. Also schaltete ich mein Garmin wieder ein und ging auf dem bekannten Weg an der Künischen Kapelle vorbei zum Kleinen Osser, wo ich mich wieder ins im Herbst erneuerte Gipfelbuch eintrug. So etwas gibt es ja auf dem Großen Osser nicht, aber dafür immerhin inzwischen ein Hüttenbuch im Schutzhaus. Die Fernsicht war nach wie vor miserabel, auch wenn sich mittlerweile gelegentlich die Sonne zeigte, also ging ich schnell weiter hinunter zur Osserwiese, von der aus man die beste Gesamtansicht der acht Tausender hat, und fast wie geplant weiter zum Jägerhubel, in vielen Karten auch als Weißer Riegel bekannt. Fast, weil auch auf der bayerischen Seite ein Pfad, der im Bayernatlas eingezeichnet ist, in Wirklichkeit nicht (mehr) existiert. Das war aber in diesem Fall kein Problem, weil es 200 Meter und 20 Höhenmeter weiter unten eine sehr übersichtliche Kreuzung gibt, von der aus ein klarer Waldweg dort hinauf führt, wo ich hinwollte. Am Weißen Riegel war erst einmal Brotzeit angesagt, bevor ich auf dem Grenzsteig wieder zurück Richtung Osser stiefelte. Das Problem war nur, dass der grün markierte Pfad nach unten einfach nicht kam. Weglos durch die Wildnis ging nicht, weil die böhmische Seite mal wieder Naturschutzgebiet ist, also stand ich nach einer Stunde auf einmal wieder an der letzten Tafel des Infopfades und durfte auf dem Anstiegsweg nach Hamry hinunterlaufen. Natürlich ging ich jetzt bei Stateček geradeaus weiter und bekam gewissermaßen als Trost die beiden Tafeln zu Gesicht, die ich durch den Abstecher nach Bílá strž verpasst hatte. Außerdem bog der Weg nach 300 Metern auf einmal von der Asphaltstraße nach links in den Wald ab und kam erst kurz vor Pod statečkem wieder heraus. Ab hier war ich wieder exakt auf dem Anstiegsweg unterwegs und erreichte fünf Fotos später kurz vor sechs wieder das Auto. Das Hotel Královský Dvůr hatte jetzt zumindest im ersten Stock Fenster geöffnet, also scheint es doch nicht geschlossen zu sein.
Zurück in der Unterkunft gönnte ich mir noch eine Runde Sauna, die mir so gut bei der Regeneration half, dass ich am nächsten Tag keine der drei Notabkürzungen in Anspruch nehmen musste. Dazu aber mehr im nächsten Bericht.
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