Sonnenuntergang am Lusen
Tour solo, T2, 4,55 km, 243 hm, 6 1/4 h, Ausgangspunkt Waldhausreibe (FRG)
Normalerweise versuche ich ja, ein Ziel oder eine Strecke nur ein Mal im Jahr zu erwandern. Manchmal ergeben sich aber Umstände, die diesen Vorsatz komplett über den Haufen werfen. Und in besonders seltenen Fällen sind diese Umstände sogar hocherfreulich und maximal überraschend.
In diesem Fall handelte es sich um eine E-Mail, die Mitte Oktober bei mir eintrudelte. Ich hatte Mitte September fünf Fotos von meiner Lusenüberschreitung an den Lusenwirt geschickt, um am Wettbewerb für den Lusenkalender 2016 teilzunehmen. Anfang Oktober war dann auf der Nationalparkseite zu lesen, dass die Jury ihre Wahl getroffen hatte, da ich bis dahin nichts gehört hatte, dachte ich, schade, zu viele noch bessere Fotos, aber auch nicht schlimm. Zehn Tage später kam die Einladung von Lusenwirt Heinz Duschl zum Reindlessen um 18 Uhr im Lusenschutzhaus. Da das Wetter einigermaßen ordentlich war, fuhr ich bereits mittags in Schwandorf los und besuchte zunächst einmal den Waldwipfelpfad beim Nationalparkzentrum. Der Plan war, gegen 17 Uhr auf dem Gipfel zu sein, um den Sonnenuntergang, den ich irgendwo für 17.23 Uhr gelesen hatte, fotografieren zu können. Andere Pläne, wie vorher von Scheuereck über den Rindelschachten auf den Lackenberg und über den Ruckowitzschachten hinunter nach Zwieslerwaldhaus zu gehen, scheiterten an den im November deutlich ausgedünnten Igelbusverbindungen. Die Anfahrt war problemlos, den ersten Sichtkontakt zum Lusen gab es auf der B 85 kurz vor Regen, und ich erreichte den Parkplatz des Nationalparkzentrums laut Parkschein um 13.49 Uhr. Also hatte ich mehr als genug Zeit für den Waldwipfelpfad und anschließend eine kleine Runde durch die Ausstellung im Hans-Eisenmann-Haus. Gleich am Anfang meinte ein Hoppla-jetzt-komm-ich-Tourist, mich blöd anreden zu müssen, weil ich ihn gebeten hatte, aus dem Foto zu gehen, aber das war der einzige negative Moment dieses Nachmittags. Da ich keine Lust hatte, mehr Geld auszugeben, sparte ich mir eine Einkehr im Cafe und fuhr etwas früher zum Lusenparkplatz, wie ich im Nachhinein feststellte, per großem Umweg über die Fredenbrücke und das Dorf Waldhäuser, weil es im November möglich ist, vom Nationalparkzentrum aus direkt zur Waldhaussreibe hinaufzufahren. Beim Losgehen stellte ich fest, dass ich derzeit ohne Stöcke besser unterwegs bin, weil mein rechter Arm immer noch leicht lädiert ist. Wird aber besser. Deshalb beschränkte ich mich auch auf den Winterweg, der im unteren Teil recht langweilig ist, weiter oben aber bereits schöne Ausblicke auf die östlichen Trabanten und den südöstlichen Šumava bietet. Als ich kurz vor halb fünf am Gipfel ankam, pfiff der Wind ganz gewaltig, so dass ich meinen Plan dahingehend leicht abänderte, dass ich nicht von ganz oben fotografierte, sondern ein paar Meter Richtung Schutzhaus zurückging, wo es nicht mehr windete. Die Wolkendecke erwies sich nicht nur als nicht störend, sondern sogar als gewinnbringend, was die Energie der Fotos betrifft. Vor mir hatte es sich bereits ein Gespann aus Mutter und Tochter an dieser Stelle gemütlich gemacht und ich erfuhr, dass der Sonnenuntergang laut ihrem Handy bereits um 16.43 Uhr stattfinden sollte, was dann auch halbwegs eintraf. Gut, dass ich so früh los bin. Die Bilder vom Sonnenuntergang sprechen für sich, kurz vor fünf stieg ich dann die restlichen paar Meter zum Schutzhaus ab und war dort die erste Teilnehmerin, wenn auch nur um eine Minute. Das Essen selbst begann dann erst um 19 Uhr, war aber auch egal, es war sehr gut und eine nette Runde. Anschließend stellte Heinz jedes Foto einzeln vor und überreichte dem Fotografen bzw. der Fotografin ein Exemplar des Kalenders. Die Jury war auch anwesend und für richtig schöne Gespräche gut. Allerdings hatte ich am nächsten Tag einen Vormittagstermin, so dass ich kurz nach neun zum Abstieg aufbrechen und wieder nach Schwandorf heimfahren musste. Die sicherheitshalber mitgebrachte Mütze brauchte ich im Gegensatz zu vorher am Gipfel nicht, es hatte laut Heinz zwölf Grad. Plus wohlgemerkt. Auch der Abstieg gestaltete sich relativ problemlos, die Stirnlampe leistete gute Dienste, nur der GPS-Track erforderte ein bisserl Nachbearbeitung.
Der Lusenkalender kann über die Internetseite des Lusenschutzhauses bestellt werden. Er ist es auf jeden Fall wert, die anderen zwölf Fotos sind größtenteils noch eine ganze Ecke genialer als das von mir. Besonders lohnend wird der Kalender dadurch, dass der Reinerlös einer Organisation zu Gute kommt, die sich um die Hinterbliebenen von im Dienst getöteten Rangern in aller Welt kümmert.
Die Angaben in der Kopfzeile beziehen sich nur auf den Auf- und Abstieg zum Lusen. Ich habe auch vom Waldwipfelpfad keinen GPS-Track gemacht, weil ich ihn für nicht notwendig halte. Wenn ich diesen Teil dazurechne, komme ich auf etwa zwei Kilometer und 60 Höhenmeter bei eineinhalb Stunden Gehzeit mehr.
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