Auf einsamen Pfaden im Lusengebiet
Tour solo, T2, I, 17,65 km, 624 hm, 6 3/4 h, Ausgangspunkt Sagwassersäge (FRG)
Nach einem schönen Ostermontag war das Wetter für die nächsten Tage eher durchwachsen angesagt. Ich wollte aber unbedingt eine Tour machen und hatte mir den Lusen samt südlichen Trabanten ausgesucht. Dabei wollte ich Teile mehrerer Runden, die ich auf verschiedenen Tourismusseiten entdeckt hatte, miteinander verbinden und als Zuckerl den Südaufstieg zum Lusen und Abstieg durch das einsame Sagwassertal gehen. Nach einer ziemlich unproblematischen Anfahrt war ich sogar ein paar Minuten vor 10 Uhr am Parkplatz Sagwassersäge und konnte nach einem erneuten erzwungenen Wechsel der Kamerabatterien pünktlich losmarschieren.
Zunächst folgte ich den Wegweisern Richtung Felsenwandergebiet nach Osten, was gleich einmal die erste Steintreppe bedeutete. Zu diesem Zeitpunkt kein Problem, es war zwar sehr bewölkt, aber trocken. Nach nicht einmal drei Minuten war ich an der ersten Abzweigung, wo ich dem Weg nach rechts folgte, während es geradeaus auf kürzerem Weg zur Steinbachklause und nach Mauth geht, und hatte bereits fünf Fotos geschossen. Durch den Urwald geht es in mäßiger Steigung zum ersten Gipfelchen des Tages, dem Ochsenriegel, wo ein Bankerl zum Rasten einladen würde, aber doch nicht nach gerade mal 16 Minuten! Ein Pärchen, das kurz vor mir losmarschiert war, hatte andere Prioritäten oder konditionelle Gegebenheiten und machte es sich gemütlich, ließ mich aber erst noch ein Gipfelfoto schießen. Weiter ging es an der am Hirschberg liegenden Ochsenriegel-Schutzhütte vorbei. Warum die Schutzhütte einen halben Kilometer von ihrem Namensgeber entfernt liegt, wissen nur die Nationalparkbeamten, es ist nicht das einzige nicht ganz nachvollziehbare Detail, über das ich an diesem Tag stolperte. An der Schutzhütte können Familien mit kleinen Kindern links abbiegen, um die superkurze Runde zu vollenden, alle anderen gehen geradeaus weiter und kommen nach zehn weiteren Minuten und leichter Steigung zum Eingang in die Felswanderzone. Diese trägt ihren Namen nicht ganz zu Unrecht, denn der Pfad windet sich um mehrere Felsformationen, der Boden ist auch nicht mehr so waldig wie vorher und mittendrin überschreitet man auch die Kleine Kanzel, die zwar ein paar Meter höher ist als ihr „Großes“ Pendant, aber bei weitem nicht so markant. Ihr höchster Punkt ist ebenso wenig zugänglich wie der in einigen Beschreibungen angekündigte Aussichtspunkt 960 mit Blick zum Rachel. Während bei der Kleinen Kanzel etwas Kletterei durch Gestrüpp nötig wäre, sind die Stufen zu Punkt 960 noch gut erkennbar, der Weg aber total mit Windwurf verlegt und deshalb auch der Wegweiser abmontiert. Es hätte wohl gegen die Philosophie des Nationalparks verstossen, den Windwurf zu beseitigen und den Aussichtspunkt wieder zugänglich zu machen. Von mir aus. Noch vor der Kleinen Kanzel zieht von rechts ein Wanderweg herauf, der etwas verwirrend beschildert ist, es ist zunächst nicht ganz klar, wie man den Felswandergebiet-Rundweg denn gehen soll. Richtig ist geradeaus, anders kommt man am Parkplatz südlich des Gebiets heraus und hat nur 180 zusätzliche Höhenmeter in den Beinen, aber bezüglich der Runde nichts gewonnen. Nach einigen Kurven und Abzweigungen erreicht man einen Grenzstein und Schilderbaum, an dem ich mich nach links wandte, um die Steinbachklause und die Große Kanzel anzuvisieren. Der Weg wird jetzt wieder breiter und ebener, nach 200 Metern kann man entweder geradeaus weiterlaufen, um zum Seefilz und zur Steinbachklause zu kommen, oder aber rechts Richtung Mauth abbiegen und die Große Kanzel mitnehmen. Dieser Abstecher ist durchaus lohnend, denn die Aussicht nach Süden und Westen kann sehr schön sein. Allerdings sollte man den Aufstieg zur Großen Kanzel nicht mit Turnschuhen versuchen, er ist an einer Stelle etwas ausgesetzt und im Gipfelbereich muss man ein bisserl klettern, deshalb auch die Bewertung mit T2 und I. Nach einer Gipfelbrotzeit und einem netten Gespräch mit zwei Jungs aus Cham ging ich zurück zur Abzweigung und folgte dem Weg hinunter zum Seefilz, wo man herauskommt, wenn man an der ersten Abzweigung geradeaus geht und bog dort rechts ab Richtung Steinbachklause. Diese liegt im Winter im Sperrgebiet, die Beschilderung der Wildruhezone wurde netterweise bereits abmontiert, obwohl der 1. Mai noch ein paar Tage entfernt ist. An der Steinbachklause muss man etwas aufpassen, um den richtigen Weg zu finden, er geht etwas versteckt rechts an der Hütte vorbei, die Goldsteig-Beschilderung am Giebel ist aber normalerweise nicht zu übersehen. Jetzt geht es in einem Bogen durch den Wald, wird stellenweise etwas steiler, aber nie unangenehm. Nach 40 Minuten erreichte ich die Einmündung in die Forststraße zum Tummelplatz, einem früheren Schachten, den ich nach weiteren 15 Minuten erreicht hatte. Laut Beschilderung an der Steinbachklause hätte ich für diesen Abschnitt fast doppelt so lange brauchen sollen, hatte aber nicht das Gefühl, besonders gerannt zu sein. Von hier aus ist es nicht weit zum Großalmeyerschloss, einem ebenfalls sehr aussichtsreichen Felskopf, dessen Zustieg etwas glitschig war, aber normalerweise T2 nicht überschreitet. Das Gipfelkreuz wurde zu meiner Überraschung weder von der Nationalparkverwaltung noch vom Bayerwaldverein errichtet, sondern von der DAV-Sektion Passau. Da schau her. Ein Gipfelbuch suchte ich jedoch ebenso wie an der Großen Kanzel vergeblich, nicht einmal eine Kassette dafür ist vorhanden. Hier begründeten sich erstmals Zweifel daran, ob ich die Tour wirklich komplett schaffen könnte, denn in Böhmen stand eine ziemlich finstere Wolkenwand. Ich ging trotzdem wie geplant auf den Lusensteig, denn erstens stand sie östlich von mir und zweitens gibt es auf der Tummelplatzstraße hinunter zur Sagwassersäge keine Unterstandsmöglichkeit, während neben dem Lusenschutzhaus auch noch das Hütterl bei der Sagwasserklause im Abstieg geeignet ist, einen Regenschauer auszusitzen. Der Lusensteig führt ohne nennenswerten Höhengewinn oder auch -verlust am Westhang des Sulzriegels entlang und glänzt durch jede Menge Abwechslung. Mal ein breiter Waldweg, dann wieder ein schmaler Bergpfad, zwischendurch Bachbett, es ist fast alles geboten. 45 Minuten nach dem Tummelplatz kam ich zur letzten Abzweigung, an der es entweder schräg rechts hinauf zum Lusen geht oder aber schräg links hinunter ins Sagwassertal. Ein Blick nach Osten und die schwarze Wolkenwand stand über dem Sulzriegel. Ich hätte es zwar wohl bis zum Schutzhaus geschafft und den Regenguss dort aussitzen können, aber hätte es danach zwei Stunden bis zum nächsten ausgehalten? Mein Bauchgefühl sagte nein, also verzichtete ich auf den Gipfelsturm und stieg gleich ins schöne Sagwassertal ab. Kurz vor der Klause begann es dann richtig zu regnen, also gab es eine unfreiwillige, aber nicht mehr unerwartete Pause von 45 Minuten. Angenehmerweise hatte auch ein älteres Ehepaar aus Zwiesel dort Unterschlupf gefunden, so dass ich nette Unterhaltung hatte. Nach dieser Pause machte ich noch ein paar Fotos von der Klause und nahm den restlichen Abstieg unter die Füße. Über den Weg lasse ich die Bilder sprechen, am Ende ist es möglich, schnürlgerade dem Forstweg in Bachnähe zu folgen, ich entschied mich jedoch für den offiziellen Weg, der vor allem Richtung Nationalparkzentrum führt. Dafür wurde ich mit noch ein paar schönen Fotos und etwa 70 zusätzlichen Höhenmetern belohnt, hatte aber beim letzten Abstieg noch eine sehr unangenehme, weil jetzt nasse und glitschige Steintreppe zu überwinden. Für diesen letzten Abschnitt brauchte ich die angeschriebenen 45 Minuten, was mich etwas verwunderte, aber nicht weiter störte, und war gegen 16.45 Uhr wieder am Auto. Auf der Rückfahrt erwischte mich zwischen Regen und Viechtach ein weiterer heftiger Regenguss, so dass meine Entscheidung wohl doch nicht die Falscheste war. Außerdem konnte ich so noch in Cham im Kaufland vorbeischauen und Dinge mitnehmen, die ich seit eineinhalb Jahren in Schwandorf nicht mehr bekomme.
Wie bereits geschrieben, sind nur vereinzelte Stellen T2. Wenn man auf die Gipfelchen verzichtet, ist es eine lange, aber total unschwierige und risikolose T1-Runde. Normalerweise hätten es bis auf diese Gipfelzustiege auch meine alten Bergschuhe getan, durch die Nässe am Großalmeyerschloss war ich aber froh darüber, die Alpinschuhe verwendet zu haben, auch wenn sie dafür sorgten, dass mir noch den ganzen Abend die Füße wehtaten. Aber für solche Fälle habe ich eine gute Ölmischung. Den Lusen werde ich sicher noch besuchen, vielleicht schon in naher Zukunft, ich habe auch schon zwei Varianten im Kopf. Sicher ist nur, dass ich nicht die Jedermanns-Variante mit Auf- UND Abstieg von Waldhäuser gehen werde.
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