Eine genüssliche Reise zum Mittelpunkt Europas
Tour solo, T1, 14 km, 613 hm, 5 1/4 h, Ausgangspunkt Neualbenreuth (TIR)
Wenn am Tag des Stammtisches in Fuchsmühl AKW oder zumindest recht gutes Wetter ist, ist es wieder Zeit für eine Tour im nördlichen Oberpfälzer Wald oder Český les. So war es auch dieses Mal. Als Ziel hatte ich mir den zweithöchsten Berg des Mittelgebirges ausgesucht, den Dyleň / Tillenberg, der ziemlich genau in der Mitte zwischen Mitterteich und Mariánské Lázně liegt und von Neualbenreuth aus gut erwandert werden kann. Dabei handelt es sich wie so oft in dieser Gegend um eine Grenztour, denn der Gipfel liegt, wie der Name schon verrät, auf tschechischem Gebiet.
Nach einem kleinen Umweg über Schnaittenbach, der einerseits der größeren Baustelle auf der A 93 zwischen Nabburg und Wernberg, andererseits der bedauerlichen Tatsache geschuldet war, dass einer der beiden Teeläden in Schwandorf demnächst schließt und längst nicht mehr alle Sorten vorrätig hat, diese aber von einem kleinen Hersteller im Städtchen am Rotbühl bezieht, kam ich planmäßig um 14 Uhr in Neualbenreuth an, wo es am Ortseingang einen netten kleinen Parkplatz gibt. Kurze Zeit später waren Schuhe und T-Shirt gewechselt, die neuen Teleskopstöcke am Rucksack montiert und ich auf dem Weg. Dieser führte zunächst ein paar Meter auf der Tirschenreuther Straße hinaus Richtung Altmugl und bog dann beim ersten Bauernhof links ab Richtung Fischzucht Becker. Beim Bauernhof wurde ich freudig von einer Hundedame begrüßt und grüßte freudig zurück. Anschließend ging es zunächst geschottert, nach ein paar Metern auf einem Flurweg zwischen gut bestellten Feldern sanft nach oben. Hier öffneten sich erste Blicke zum Gipfel und zum Grenzlandturm und ich wurde bis zum Waldrand von einem kleinen Schmetterlingsschwarm begleitet. Dort ist ein Abstecher hinauf zu alten Schürfstellen am Pfarrbühl, der in der Kompasskarte Pfaffenbühl heißt, möglich, ich verzichtete jedoch darauf, weil ich mich nicht gleich zu Beginn unter Zeitdruck setzen wollte. Schließlich sollte ich sinnvollerweise vor halb acht wieder am Auto sein, um nicht wie bei der Steinwaldüberschreitung zu spät zum Vortrag auf dem Stammtisch zu kommen. Gleich kommt auf der rechten Seite die Fischzucht, in der eine Familie fischte. Ob es die Betreiber oder Gäste waren, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Am Parkplatz heißt es dann aufpassen, denn der markierte Wanderweg zweigt etwas unscheinbar nach rechts ab und es geht wieder etwas bergauf durch den Wald. Leider mündet diese angenehme Passage etwa 500 Meter nach der Fischzucht in eine Fahrstraße, die auf den nächsten zwei Kilometer ertragen werden muss. Immerhin geht es sanft und stetig bergauf. Zwei Waldwege und eine asphaltierte Abzweigung werden rechts liegen gelassen, bevor ebenfalls auf der rechten Seite der mehrfach markierte Pfad zur Grenze etwas steiler nach oben geht. Dieser kreuzt nach vielleicht 300 Metern eine befahrbare Schneise, wobei man kurz unterhalb dieser Stelle 20 Meter abkürzen kann, indem man den markierten Pfad verlässt und in der Direttissima durch eine Hohlgasse aufsteigt. Der markierte Pfad folgt dieser Schneise für 15 Meter und geht dann wieder geradewegs nach oben, und kurz darauf ist der Grenzsteig erreicht. Hier bog ich links ab und näherte mich endgültig mit jedem Schritt dem Mittelpunkt Europas. Dabei ging es weiterhin stetig nach oben, witzig waren in diesem Abschnitt die Grenzsteine, die bei strenger Auslegung den Pfad zu einem neutralen und eventuell sogar rechtsfreien Korridor machen. Ohne große Vorwarnung taucht dann der Mittelpunkt Europas auf. Er besteht aus einem Relief etwas unterhalb des Weges, einem Bankerl dahinter und einem Gedenkstein noch weiter unten, alles auf deutscher Seite. Die tschechische Seite bietet hingegen ein gepflegtes Hinweisschild mit Höhenangabe und ein etwas luxuriöseres Bankerl, vergleichbar mit dem am Přílba-Gipfel, ein paar Meter oberhalb des Weges. Nach dem unvermeidlichen Viertel Apfel und den noch weniger vermeidlichen Fotos ging ich dann auch weiter Richtung Norden, hinauf zum Abzweig zum Dyleň. Dazwischen liegt noch der Granatbrunnen, den ich als eine der Quellen des Flüsschens Wondreb interpretierte. Dazu durfte ich ein paar Meter vom Weg absteigen, ein Foto machen und die gleichen paar Meter wieder hinaufsteigen. Geschadet hat es nicht. Am Abzweig dann Verwirrung pur: Der tschechische Wegweiser zeigt einen Kilometer zum Gipfel, der deutsche 1,5. Vom Gefühl (und auch den bisherigen Erfahrungen) her stimmt der tschechische. Der Pfad hinauf ist ziemlich gerade und das steilste Stück der Runde, kann aber mit alpinen Steigungen nicht mithalten. Auf halbem Weg mündet er in eine Forststraße, die von Norden heraufzieht. Hier heißt es rechts abbiegen und gleich wieder links auf einen schnurgeraden Fahrweg, der zunächst noch ein wenig aufsteigt, dann aber abfällt und eine nette Aussicht Richtung Osten freigibt. An diesem Sattel führt der Gipfelweg nach links in den Wald hinein und weiter aufwärts. In diesem Bereich sind mir die einzigen Menschen während der Tour begegnet, zunächst ein tschechischer Jogger / Bergläufer, kurz darauf eine deutsche Famile. 60 Höhenmeter später öffnet sich der Wald und man steht vor dem Zaun um die Gipfelanlagen. Früher war das wie so oft militärisch, jetzt wird hier zivil Radio gemacht und gesendet. Ich folgte zunächst einem Pfad am westlichen Rand des Geländes vorbei und wurde mit brauchbaren Aussichtspunkten und, etwa zehn Meter vom Nebengebäude mit dem Gipfelschild entfernt, einem Gipfelbuch belohnt. Es war zwar ziemlich zerfleddert und sicher nicht so schön eingebunden wie das am Přílba, aber immerhin trocken. So genehmigte ich mir nach zweieinhalb Stunden meine Hauptbrotzeit, bevor ich den Pfad bis zum Eck des Zaunes zurückging, an dem zuvor die Markierungen für den Weiterweg zu sehen waren. Dieser führt einmal um das Gelände, naja, etwas weiter als bis zur gegenüberliegenden Ecke und ist schmal, etwas holprig und teilweise etwas zugewachsen, aber hervorragend markiert. An seinem Ende steht ein Schutzhütterl, in dem man auch bei Schlechtwetter jausen kann. Leider folgte die nächste kleine Asphaltpassage, weil es auf dem Zufahrtsweg weitergeht, aber nur 150 Meter. Dann war an einem Baum auf der linken Seite ein Hinweis, dass der Wanderweg gleich links abbiegen wird, und das war auch der Fall. Der nächste Kilometer führt wieder schnurgerade bergab und ist fast so steil wie der Aufstieg vom Grenzpfad. Hier habe ich meinen Knien zuliebe kurz die neuen Stöcke eingesetzt. Am Ende steht der Abzweig Pod Dylení, auf dem ich noch nicht den Grenzpfad erreichte. Denn zunächst ist bereits vom Abzweig ein ziemlich großes Farnfeld unterhalb des Weges zu erkennen, das sich auf den Ruinen der ehemaligen Tillenberg-Schutzhütte ausgebreitet hat. Der Wikipedia-Eintrag dazu ist nicht komplett richtig, denn die Hütte wurde sicher nicht nach Pilsen abtransportiert. Wäre das der Fall, würden nicht mehr so viele Reste der Grundmauern an diesem Ort stehen. 200 Meter weiter westlich wird der zunächst noch fahrbare Weg dann wieder zum Grenzpfad, wobei man gleich nach rechts unten abzweigen muss, weil der Weg wohl zu der Forststraße wird, die den Aufstiegsweg kreuzt. Offiziell 700 Meter nach der Hüttenruine erreicht man den Königsstein, einen Gedenkstein für Napoleon. Entgegen der tschechischen Online-Karte ist der Stein wohl ein paar Meter nach dem Abzweig, an dem der Weg nach Neualbenreuth scharf rechts hinuntergeht. Ich hatte zwar noch zwei Stunden Zeit für angeblich vier Kilometer, aber keine Lust auf den Stein. Der Weg ist hingegen ein sehr schöner Hohlweg, der an einem Bankerl in eine Forststraße mündet, auf der es nach links hinunter geht. Nach etwa fünf Minuten mündete die Forststraße dann in die Asphaltstraße vom Aufstieg. Auf ihr geht es knieschonend hinunter zu einer Abzweigung, an der man durchaus geradeaus weitergehen kann und ebenfalls in Neulabenreuth ankommt, allerdings hatte ich noch Zeit und wollte unbedingt auf den Grenzlandturm, also bog ich rechts ab und hatte noch einen Kilometer Wiesenweg. Dieser kommt noch einmal der Grenze sehr nahe und führt kurz darauf durch eine Streeuobstpflanzung. Ich muss sagen, dass die Johannisbeeren in Schwandorf wesentlich weiter sind als in Neualbenreuth. Leider ist auch dieser Weg irgendwann zu Ende und mündet in eine Fahrstraße. Jetzt ging ich rechts ein paar Meter bergauf und sofort in einem Linksbogen zum Grenzlandturm. Auch hier wurde ich freudigst von gleich zwei Hunden begrüßt und grüßte freudigst zurück. Für einen Euro Eintritt durfte ich den Turm besteigen und konnte trotz suboptimalen Sichtverhältnissen einige Fotos machen und den Ausblick genießen. Ungeputzte Fensterscheiben sind hier kein Problem, weil man die Fenster öffnen kann. Der Ausblick ist in drei Richtungen richtig gut, nur nach Osten ist halt der Dyleň im Weg. Somit hatte ich keinen Blick nach Mariánské Lázně, was mich aber nicht weiter deprimierte. Unten angekommen genehmigte ich mir noch ein Kellerbier und eine nette Unterhaltung mit der Wirtin, bevor ich die letzten 1,5 Kilometer, leider weiterhin auf Asphalt, nach Neualbenreuth zurückging und um 19.20 Uhr am Auto war.
Der Vortrag in Fuchsmühl, zu dem ich rechtzeitig eintraf, war dann auch sehr interessant, wenn auch nicht wirklich neu für mich, aber das, was ich drumherum erfahren habe, lässt einige Rückschlüsse zu.
Schlagwörter: dylen, granatbrunnen, grenzlandturm, mittelpunkt europas, neualbenreuth, stara voda, tillenberg