Unerwartetes nicht nur am Schwemmkanal
Tour solo, T1, 20,03 km, 342 hm, 6 1/2 h, Ausgangspunkt Mechov (KT)
Manchmal laufen Sachen ziemlich entgegengesetzt zum Plan. Etwa so war es auch heute. Die Anfahrt nach Prášily verlief ja noch relativ normal bis positiv, mal davon abgesehen, dass ich im Nationalparkzentrum in Bayerisch Eisenstein wieder keinen tschechischen Mitarbeiter antraf und mir der sehr nette bayerische Ranger auch nicht sagen konnte, wie im Narodní park Šumava die Wegegebotsregeln genau sind. Dafür fand ich in Alžbětín eine tschechische Wechselstube, die deutlich seriöser aussieht als die beiden Asiaten, bei denen ich letztes Jahr war, auch wenn der Kurs dort deutlich schlechter ist als bei Kaufland oder TESCO. Das Wetter schien mich ebenfalls zu verarschen, während ich in Schwandorf bei AKW losfuhr, begann es in Bad Kötzting zu regnen, was sich bis in den Nachmittag hinein fortsetzte. Haarig wurde es dann in Prášily selbst: Die Penzion Škarda ist tatsächlich geschlossen. Nebenan bei Brücknerová wäre ein Zimmer frei gewesen, aber zum mehr als dem doppelten Preis. Nein danke. U Michala war komplett belegt, also musste ich in Srní schauen. Auf dem Weg dorthin liegt noch eine Unterkunft, aber dort war niemand anwesend. Der nächste Versuch war Mechovský dvorec am Ortseingang von Mechov, wo ich zumindest nur 520 Kronen pro Nacht mit Frühstück zahlen musste und abstieg. Vielleicht gibt es im Ortskern noch etwas günstigeres, aber sicher ist sicher, und die Unterkunft ist liebevoll eingerichtet und gut ausgestattet. Als Bonus ist Martin Leiš auch ziemlich gut drauf, er spricht zwar kein deutsch, aber ich kann ja ganz brauchbar englisch. Der ungeplante Unterkunftsort hatte außerdem zur Folge, dass sich die Reihenfolge der Touren gegenüber der Planung änderte und ich mit dem Vchynicko-Tetovský kanal bgeann. Außerdem startete ich nicht in Rokyta, sondern direkt ab der Unterkunft und hatte eben die geplante Einkehr kurz nach der Mitte.
Vom Eingang der Unterkunft sind es nur etwa 50 Meter zum Parkplatz, an dem ich letztes Jahr zum Oblík gestartet war. Dieses Mal ging ich aber nicht nach Süden, sondern nach Norden, entlang des untersten Teils des Kanals, der im Gegensatz zum Vorjahr Wasser führte. Nicht viel, aber immerhin doch etwas. Die Gründe dafür sollten im Verlaufe der Runde noch klar werden. Vereinfacht gesagt folgte ich bis Srní der grünen Markierung. Diese verläuft erst einmal minimal abschüssig auf einer Forststraße dem Kanal, der je nach Bächen von oben oder nach unten mehr oder weniger Wasser führt. Beim Wegweiser U Sedla macht der Kanal einen Knick und führt steil hinunter zur Křemelná, während der Weg fast in einer Spitzkehre hinauf zum übriggebliebenen Teil der ehemaligen Gemeinde Sedlo hinaufzieht. Hier wird gerade ein altes Bauernhaus aufwändig saniert, mal sehen, was da in zwei, drei Jahren herauskommt. Außerdem gibt es hier einige stattliche Bäume der verschiedensten Sorten, bei besserem Wetter definitiv lohnende Fotomotive. Ich habe es natürlich auch trotz Regen versucht, aber die Ergebnisse sind bestenfalls mittelprächtig. Südlich der Baustelle steht ein scheinbar noch nicht bewohntes neues Bauernhaus in Holzbauweise, kann sich sehen lassen. Gleich dahinter biegt der Wanderweg links ab Richtung Vodný zámek, während die Radfahrer auf dem Fahrweg direkt zum Speichersee hinauffahren. Jetzt windet sich der Wanderweg entlang des Nordhanges des Sedelský vrch durch den Wald nach oben, ohne dabei ausgesprochen steil zu sein. Am Waldrand zweigt ein Steig ab zur Klostermannova vyhlídka, von der aus man theoretisch einige Größen jenseits der Vydra sehen kann, wenn sie sich nicht gerade hinter Regenwolken verstecken. Als extrafieser Akt der Verarschung hörte es genau in dem Moment auf zu regnen und der Nebel stieg etwas an, aber freie Sicht sieht immer noch anders aus. Vom Aussichtspunkt aus führt ein unmarkierten Pfad geradeaus weiter und mündet wohl am Wasserschloss wieder in der markierten Weg, ich ging aber brav zurück zum Abzweig und entlang des Osthanges dorthin, denn genau das ist die Übersetzung des Begriffs Vodný zámek. Mit einem Schloss hat der Bau allerdings wenig zu tun, es ist halt ein Betriebsgebäude des Elektrizitätswerks, das aus einem Turm und einem Anbau besteht. Auch hier dürfte die Aussicht bei schönem Wetter ziemlich ordentlich sein. 500 Meter weiter westlich erreichte ich den Speicherteich, in den das Wasser aus dem Kanal normalerweise gepumpt wird, aber er war trotz des vorangegangenen Schnürlregens absolut leer. Das hatte auch einen guten Grund, denn die Bretter in der südwestlichen Ecke sehen deutlich nach Baustelle aus. Deswegen also auch das Wasser in dem Abschnitt, der letztes Jahr total trocken war, weil alles hier raufgepumpt wurde. Hier machte ein Labrador leichte Avancen, die ich freudig erwidert hätte, wenn es Herrchen zugelassen hätte. Außerdem schob ich hier meine Stöcke zusammen und befestigte sie am Rucksack, weil die nächsten Kilometer auf Asphalt verliefen. Zunächst ging es hinunter nach Srní, vorbei am Hotel Vydra, dessen Speisekarte auch ganz ordentlich aussah, und am Eingang zu einem scheinbar ganz neu angelegten Wolfslehrpfad. Zumindest ist er noch nicht in mapy.cz verzeichnet. Aus diesem Grund verschob ich eine Erkundung auf einen späteren Termin und ging auf der geplanten Route weiter. Ebenso neu ist auch ein Wolfsgehege bei Horní Hrádky, zu dem man vom Klostermann-Lehrpfad aus gehen kann, was ich ebenfalls auf einen späteren Termin verschob. Im Ortszentrum von Srní wird die Markierung gelb und folgt erst einmal der Straße nach Modrava. Nach knapp einem Kilometer zweigt sie nach links in den Wald ab, also wurden die Stöcke wieder ausgefahren und eingesetzt. Der Waldweg ist zwar nicht lang, das folgende Teerstück bis Horní Hrádky aber auch nicht, und danach geht der Klostermann-Lehrpfad im Wald weiter. Hier wird auf insgesamt fünf zweisprachigen Schautafeln vieles über den in der Umgebung von Srní aufgewachsenen Heimatdichter beschrieben. Ein Bauernhof am Weg gehörte seiner Tante, etwas später führt ein kleiner Pfad zu einem Aussichtspunkt, an dem er sich gerne aufgehalten hatte. Heute ist die Aussicht ziemlich mittelprächtig, weil zugewachsen. Diese Tatsache störte deutlich mehr als die Wolken, und das heißt etwas. Jetzt war es nicht mehr weit nach Rokyta, wo gleich nach der Einmündung des Pfades in die Straße auf der linken Seite die Penzion Svata Florian mit Restaurace steht und auch geöffnet hatte. Wenigstens eine Sache, die nach Plan klappte. Hier wurde ich erneut von einem Hund und später auch von einer Katze hofiert, wobei letztere eher den Eindruck machte, dass sie nur etwas von meinem Essen haben wollte. Dieses war exzellent, ein Böhmerwälder Kartoffelauflauf mit Hühnerfleisch, Zwiebeln und natürlich Käse. Der kleine Negativpunkt war nur, dass es kein Černé pivo gab. Gut gestärkt marschierte ich eine knappe Stunde später wieder los, zunächst zur Nationalparkinfostelle mit der Absicht, endlich herauszufinden, wann ich wo welchen nicht markierten Weg gehen darf. Es standen auch Autos vor dem Haus, also könnte es klappen. Klarer Fall von Denkste, es war eine Dienstbesprechung und die Infostelle den ganzen Tag geschlossen. Also beschränkte ich mich notgedrungen auf ein paar Fotos von der geologischen Ausstellung vor dem Haus und machte mich auf den Weg zum Kanal, dem ich effektiv bis zum Parkplatz bei der Unterkunft folgte. Langweilig war es dabei allerdings nicht, denn der Kanal hat neben verschiedenen Infotafeln (wieder dankenswerterweise zweisprachig) zu seiner Geschichte und seiner Funktion noch einige kleine Dinge zu bieten, die auf jeden Fall erwähnenswert sind. Beispielsweise ist ein Abschnitt zwischen Schätzův les und Hakešická cesta etwas steiler, also statt 8 Promille knapp 2 Prozent Gefälle, und deswegen mit Betonplatten abgedeckt. Ob dies erst zur Sicherheit der Touristen geschah oder bereits während des Kalten Krieges zum Schutz des militärischen Geräts vor der Blödheit der Soldaten, ist mir nicht bekannt. Allerdings sehen die Betonplatten teilweise deutlich älter aus als die 24 Jahre, die seit der Auflösung des Truppenübungsplates Dobrá Voda, dessen Grenze entlang des Kanals verlief, vergangen sind. Bei Hakešická cesta wurde ein kleiner Erddamm in den Kanal gebaut, der dazu führt, dass sich das gesamte Wasser mit Schwung in den Abflussbach ergießt, während der Kanal danach praktisch so leer ist wie letztes Jahr nach dem Pumphäusl. Auch hier sind Bauarbeiten der Grund, denn etwa 300 Meter kanalabwärts wird die tal- und wegseitige Begrenzungsmauer neu errichtet. Andere nette Details können den Fotos entnommen werden, bald erreichte ich den Abzweig zur Hauswaldkapelle und ging auf jetzt bekanntem Weg zurück. Auch am Pumphäusl hat sich etwas verändert, dort steht jetzt ein verkommener Bauwagen und daneben ein etwas besser aussehender Wohnwagen. Als ich vorbei kam, waren gerade Arbeiter vor Ort, die aber so aussehen, als ob sie gerade Feierabend machten. Zehn Minuten später erreichte ich die Unterkunft, mampfte auf dem Zimmer meine beiden letzten Apfelviertel und begab mich nach einer kleinen Ruhepause auf zwei weitere Bier (wieder kein Dunkles) in die Bar. Dort saß ich leider ziemlich verloren herum, weil alle anderen Gäste Tschechen waren und sich natürlich in ihrer Sprache unterhielten. Also verzog ich mich um 21 Uhr wieder aufs Zimmer und versuchte mangels vernünftigen Fernsehprogramms gleich zu schlafen, was mir nicht wirklich gelang.
Man kann die Runde auch anders aufziehen. Beispielsweise ist es problemlos möglich, in Rokyta zu starten, hier ist der Parkplatz dank der Infostelle auch etwas größer. Um den Straßenabschnitt zu vermeiden, kann man auch von Srní nach Rokyta mit dem Bus zurückfahren. In diesem Fall dürfte die Zeit auch reichen, den Wolfslehrpfad mitzunehmen und nach der Runde das Gehege anzuschauen.
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