Wenigstens war der Aussichtsturm nicht verschlossen
Tour solo, T2, 18,05 km, 809 hm, 5 1/2 h, Ausgangspunkt Prachatice (PT)
Es war wieder Zeit für ein paar Tage im Šumava. Vor allem wollte ich endlich die Touren gehen, für die ich das ganze Frühjahr über trainiert hatte, nämlich Boubín / Bobík sowie die Plöckensteinrunde. Zum Start sollte eine nicht ganz so heftige Tour her, die außerdem geographisch dazupassen musste. Eine Option wäre der Dreisesselberg von Haidmühle aus gewesen, da ich aber keine Kronen mehr hatte und das nächste Kaufland in Prachatice ist, wurde es der Libín. Laut Routenplaner ist der kürzeste Weg nach Prachatice über Kašperské Hory und Vimperk, wo ich bei Tesco einen zweiten Fünfziger wechseln konnte. Das Kaufland in Prachatice ist übrigens nicht dort, wo es von Google Maps angezeigt wird, sondern etwas weiter stadteinwärts, so dass ich nicht am umgeplanten Ausgangspunkt losgehen konnte, sondern wie ursprünglich mal ausgetüftelt hinter dem Schwimmbad. Dort ging es ziemlich genau um zwölf Uhr los.
Zunächst ging ich hinter dem Schwimmbad nach Westen durch einen Park mit Verkehrslehrgarten und vorbei am Eisstadion, das im Sommer mit Kunststoff ausgelegt ist und somit für Inliner und eine fußläufige Hockeyvariante geeignet ist. Am Ende des Parks ging es am Schulzentrum vorbei etwa 150 Meter stadteinwärts, bis der grün markierte Wanderweg links abzweigt und aus der Stadt hinausführt. Dabei bekam ich auch noch die Rückseite des Schulzentrums mit seinen Sportanlagen zu sehen, bevor ich nach ein paar wunderschönen Hexenhäusln im Wald landete und es auch etwas steiler nach oben ging. Bald bog der Weg nach Süden ab und wurde auch etwas flacher. Auf etwa 820 Metern Höhe heißt es aufpassen, denn es geht nicht auf dem Schotterweg eben weiter, sondern auf einem grasigen Waldpfad, der wieder etwas steiler nach oben geht. Hier ist die Markierung nicht besonders gut. 50 Höhenmeter weiter oben mündet der Pfad in eine Forststraße und wird wieder deutlicher markiert. Nach einem Sattel kürzt der markierte Weg über eine Wiese ab hinunter zur Abzweigung von der Hauptstraße nach Perlovice, an der auch ein jetzt gelb markierter Weg nach Albrechtovice führt. Diesem folgte ich, oder glaubte zu folgen, bis ich mehrere hundert Meter keine Markierung mehr fand und erstmals Boubín und Bobík mit einem Baum dazwischen sehen konnte. Der Blick aufs Garmin verriet mir, dass ich etwa 400 Meter vorher in den Wald abzweigen müssen hätte, also zurück. Es gibt später bessere Ausblicke auf B & B, also kann man sich diesen Verhauer sparen. Im Wald passierte ich einen wohl ehemals militärischen Bunker und erreichte nach wenigen Minuten eine Lichtung, auf der ich die einigermaßen hoch gewachsene Wiese überqueren musste. Derzeit gibt es eine Spur, ich kann mir aber vorstellen, dass hier die Orientierung gelegentlich etwas schwierig ist. Denn Markierungen gibt es erst am unteren Ende der Wiese an den Bäumen, zwischen denen der Pfad anschließend durchgeht. Nach einer Linkskurve erreichte ich eine Furt, an der früher die Teufelsmühle (Čertův mlýn) gestanden ist. Ab hier geht es wieder bergauf, bis Albrechtovice finden sich mehrere Lehrtafeln zum Bergbau in diesem Gebiet, leider aber nur in tschechischer Sprache. Wenn man dieser mächtiger ist als ich im Moment noch, dürfte sich die etwa zwei Kilometer lange Zusatzrunde über den gesamten Lehrpfad lohnen. Unterhalb von Albrechtovice mündet der Pfad in eine Asphaltstraße, auf der man entweder bis zur Wegkreuzung mit Namen des Dorfes gehen und dort blau markiert nach Libínské Sedlo abbiegen, oder aber gleich nach dem Bauernhaus den knapp zwei Meter hohen Ranger erklimmen und den genannten Weg an dieser Stelle betreten. Ab hier geht es wieder relativ konstant bergauf, erst über eine Wiese und am Waldrand entlang, später in den Wald hinein. Dort begegnete ich einem etwa siebzigjährigen Forstarbeiter, der erstaunlich gut deutsch sprach und sich fast eine Viertelstunde mit mir unterhielt. Etwas weiter oben durfte ich dann eine Koppel überqueren und Moorausweichübungen machen, bevor ich in einem Linksbogen in Libínské Sedlo ankam. Dort überquerte ich die Hauptstraße nicht auf dem Zebrastreifen, sondern etwas knapp unterhalb der Passhöhe, was aber vom Verkehr her auch ganz harmlos war. In Libínské Sedlo wird derzeit der Bolzplatz saniert, schön für die Kinder des Dorfes. Hier hätte ich direkt zum Gipfel aufsteigen können, aber die Vorausplanung war ehrgeiziger, was die Streckenlänge betrifft. So folgte ich der grünen Markierung bis U Sedýlku und von dort der gelben hinauf zum Parkplatz des Hochseilgartens. Vom Parkplatz aus ging es weiter zum Hochseilgarten selbst, der etwa 100 Meter unterhalb des Gipfels liegt und heute etwas verloren wirkte. Aber an Wochenenden dürfte hier schon noch einigermaßen Betrieb sein, zumindest sehen die Werbetafeln halbwegs aktuell aus. Definitiv kein Betrieb ist im Berghaus Libín, dessen traurige Geschichte mir der Forstarbeiter erzählt hatte, als ich ihn nach er Einkehrmöglichkeit fragte. Es wurde vor einigen Jahren von einem Schweizer gekauft, dessen deutsche Ehefrau aber nicht dort oben im einsamen Wald leben wollte, weshalb es jetzt leer und erneut zum Verkauf steht. Es gibt lediglich einen Kiosk vor dem Aussichtsturm, der aber im Juni auch nur am Wochenende geöffnet ist. Wenigstens war der Turm nicht verschlossen, so dass ich hinaufsteigen und das leider wolkengetrübte Panorama genießen konnte. Die zehn Kronen Eintritt hätte ich gerne bezahlt, aber wenn niemand da ist und es auch kein Kasterl gibt, wo ich etwas hineinlegen kann, eben nicht. Nach einer kleinen Pause machte ich mich auf den Weg hinunter nach Prachatice, der etwas steiler und auch langweiliger ist als der Aufstieg. Er führt einen großen Teil der Strecke am Rand eines Naturschutzgebiets vorbei, mittendrin gibt es einen nicht mehr ganz uneingeschränkt funktionsfähigen Aussichtspunkt und nach drei Kilometern kam ich in Lázně Svaty Markéty heraus. Dieser Ortsteil von Prachatice ist ebenfalls ziemlich hübsch, mal sehen, ob das Projekt klappt, aus dem alten Kurhaus ein modernes Reha- und Gesundheitszentrum zu machen. Ab hier war es nicht mehr weit bis zur Hauptstraße, die ich an einer Fußgängerampel überquerte, und von dort aus noch kürzer bis zum Stadtpark, den ich ein zweites Mal durchquerte, bevor ich gegen 17.30 Uhr wieder am Auto stand. Die Einkehr holte ich dann in Volary nach, wo ich meine Unterkunft in der Penzion Sněžná gebucht hatte. Sie war zwar ein paar Kronen teurer als im Internet angegeben, aber dafür richtig urig und auch liebevoll eingerichtet. Das Restaurace hingegen war nicht ganz so mein Fall, ein Spielcafe, in dem geraucht werden durfte. Das änderte aber nichts daran, dass zumindest das Cordon bleu mit Gemüsereis und das Schwarzbier exzellent waren, vor allem für den im Vergleich zur Region Železná Ruda sehr günstigen Preis. Am Abend sah ich mir mangels alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten noch das U21-Spiel Deutschland gegen Tschechien bzw. Česko v Německo an und amüsierte mich über so einige Gepflogenheiten von Reportern (soweit ich sie verstand) und Fans.
Schlagwörter: albrechtovice, cerna hora, certuv mlyn, lanovy park libin, lazne sv. markety, libin, libinske sedlo, prachatice